Jürgen Schubbe

Maler & Bildhauer

Bilder

Skulpturen

Impressionen

Über die Kunst von Jürgen Schubbe zu schreiben ist schwer und leicht zu gleich. Der Paderborner Künstler hat in den vielen Jahren seiner künstlerischen Tätigkeit eine Handschrift entwickelt, die seine Kunst erkennbar macht.

Sein Thema ist der Mensch, der Kopf des Menschen um genau zu sein.

Da er aber immer an die äußersten Ränder der jeweils gewählten Kunstpositionen geht, lösen sich die Gewißheiten schnell auf. Schubbe startet seinen Kunstprozeß an der einen Ecke und treibt die Bearbeitung durch Farbe oder Kettensäge soweit, dass er am Ende ein scheinbar vollständig verändertes Objekt erhält.

Seine malerischen Arbeiten sind so pastos und makroartig aufgebaut, dass es sich bei der Maloberfläche schon um Oberflächen von Skulpturen handeln kann. Oder seine Holzarbeiten sind so zerfasert und zersägt, dass die feste Holzblockform in die Zellstoffelemente eines groben Papieres zerlegt erscheint. Die Materialität ist eigentlich klar definiert, aber der künstlerische Prozess zerlegt oder erodiert das Material hin zu einer anderen Stofflichkeit. Diese wird Bedeutungsträger und emanzipiert sich vom Künstler und wird erkennbares und deutbares Allgemeingut.
Grob, herb, rudimentär und archaisch anmutend kommen seine Objekte daher. Von der Idee immer ein menschlicher Kopf, vom Ergebnis Auflösung, Zerrissenheit, gespalten, gequetscht, explodiert, auf links gezogen. Vielleicht ist die Idee auch die Zerstörtheit des Menschen in einer zerstörten oder stark gestörten Natur zu zeigen, ähnlich wie Georg Baselitz seine Kunst beschreibt. Anders als Baselitz bleibt Schubbe aber immer beim Kopf.

Das Haupt des Menschen wird gerne als eine Chiffre für seine Überlegenheit der sonstigen Welt gegenüber gedeutet. Aber dieses selbstverliebte Menschen-Bild ist im 20. Jahrhundert stark verändert und neu interpretiert worden. Schubbe schafft jeweils eine Anmutung, die Innenschau, Seelenzustände, Abgründe, Gefühle und Emotionen transportiert.

Er scheint die Evolution des Menschen in tiefe archaische Zustände zurückzudrehen. Hier ist keine Modeerscheinung oder ein glattes Werbegesicht des 21. Jahrhunderts zu sehen, hier sind jahrtausende Menschheitgeschichte mit all ihren Widrigkeiten, Mord und Totschlag, Grausamkeit und Leidensfähigkeit in den Schubbeköpfen zu erkennen.

Und hier knüpft der Künstler an die evolutionäre Grunderfahrung des Menschen an, der die Kopfform in allen gewählten Chiffren und künstlerischen Bearbeitungsformen immer erkennen kann. „Mensch oder Höhlenbär“, „Lebensgefahr oder menschliches Gegenüber“ diese tiefgreifende Grundprägung haben die Menschen in grauer Vorzeit entwickelt, um
zu überleben und sich schützen zu können. Wenn dieses Erkennen in Bruchteilen von Sekunden nicht funktioniert, ist das jagende Raubtier schneller und der Mensch wird zur Beute und ist tot. Überlebenswichtige Erkennungsfähigkeit und Schutzinstinkte werden hier angesprochen.Auch wenn im 21. Jahrhundert dieser Erkennungsreiz das Überleben nicht mehr sichern hilft, ist er doch noch vorhanden und lebhaft zu spüren.

Und mit dieser instinkthaften und archaischen Erkennungsfähigkeit spielt Schubbe mit seinen künstlerischen Mitteln. Der menschliche Kopf und sein Gesicht sind aber viel mehr. Das Gesicht eines Menschen ist immer auch Spiegel des Innenlebens und der Metatext seiner Erscheinung. Die Geisteshaltung, Offenheit, Verschlossenheit, Angst oder Wut,
vielles lässt sich am Kopf und Gesicht eines Menschen ablesen. Seelenzustände und Abhängigkeiten sind dechiffrierbar. Diese Fähigkeit nutzt Schubbe um Typen zu kreieren.

Unsichtbare Abhängigkeiten in Familien sind ebenso sein Thema wie frei gewählte „Berufe“ die er in Titeln seinen Arbeiten hinzugibt. Selten kommen Attribute zu seinen Köpfen. Der Kopf als dreidimensionale Form oder das Geschicht in der Malerei sind seine Motive. In der Malerei arbeitet er mit Farben und Abstufungen von pastos gestalteten Farbflächen die erst in der Entfernung vom Bild eine Erkennbarkeit der Form freigeben.

Überlängte Köpfe, lange Hälse, tiefe Augenhölen und unterschiedlichste Kopfformen lassen sich in seinen Arbeiten erkennen. Anklänge an die christliche Ikonografie die das Haupt des leidenden Christus aufnehmen oder unnatürlich verrückte Totenschädel, die von Vergänglichkeit und Mord und Totschlag künden sind in Schubbes Werk zu finden.

Abhängigkeit, jeder Seelenzustand bis zur Ekstase sind vorhanden. Aber auch die Materie die den menschlichen Körper bildet wird bei Schubbe sichtbar. Fester Kopf aber schon Verfall zu Staub und in kleinste Teile. Oder auch umgekehrt: kleinste Materie bildet Kopf, Antlitz und Haupt.

Seine Holzbearbeitung trägt tiefe Spuren. Gitterlinien hat er ins Holz geschnitten wo Mund und Nase und Augen zu erwarten wären. Es entstehen Köpfe die rituellen Masken und Idolen die aus entfernten Gegenden der Welt oder aus anderen Zeiten der Menschheitsgeschichte entstammen könnten. Schubbe bringt so in zeitgenössischer Kunst uralte Themen zum Klingen und erlaubt durch seine Reduktion auf den menschlichen Kopf eine wortlose Kommunikation mit dem Betrachter. Im Jetzt aber scheinbar auch überzeitlich durch die Jahrhunderte hindurch im immer gleichen Kreislauf von Werden und Vergehen.

Sein Thema ist der Mensch, der Kopf des Menschen um genau zu sein.

- Christiane Hoffmann, Kunsthistorikerin

Jürgen Schubbe

Am Glockenbusch 25
33106 Paderborn